Mittwoch, 20. Januar 2010
Schneechaos
Heute hat es geschneit. Anstosst, über das vergangene Schneechaos zu berichten.

Mein Kollege, der frisch aus dem Urlaub in Panama zurück ist, las seine 600 emails. Und staunte: Das Culham Science Center war 2,5 Tage geschlossen wegen Schnee. (mehrere emails an "alle").

Es hatte Anfang Januar ca. 15 cm geschneit. Ein Engländer wartet einfach, bis der Schnee wieder taut. 15 cm, die dazu noch eine ganze Woche liegen blieben, sowas gibt es hier nur alle 20 Jahre. Mein Kollege hat also dieses seltene Naturereignis verpasst.

Warum also für diesen unwahrscheinlichen Ernstfall vorsorgen? Auch vor dem Haus wird nicht gefegt und ich weiss nun auch, warum das so ist: Wer gefegt hat, ist verantwortlich, falls jemand stürzt. Wer nicht gefegt hat, den trifft keine Schuld. Also wird nicht gefegt. Also wird das ganze Forschungsinstitut geschlossen.

Und: es funktioniert normalerweise auch, denn der Schnee schmilzt.
Ich, todesmutig das Auto enteist, freue mich, dass ich meine Winterreifen dabeihabe. Mein Zimmernachbar völlig entgeistert: Bei diesem Wetter fährt man nicht zur Arbeit! Stimmt. Auf dem ganzen Gelände nur ein paar in der Nähe wohnende und die Deutschen. Meine Kollegen wurden sogar am nächsten Tag an der Pforte abgewiesen, dabei darf man sonst dort Tag und Nacht rein zum arbeiten.

Da der Schnee aber eine ganze Woche lag und tagsüber anschmolz und nachts wieder anfror, war es dann wirklich höllisch glatt und arg gefährlich. Sowohl als Fußgänger als auch mit dem Auto. Vom Rad zu schweigen. Das war dann kein Grund, die Site zu schliessen. Stattdessen wurde bis auf Weiteres ein Tempolimit eingeführt (normal 30mph entspricht 48 km/h, jetzt 20 mph) und mittlerweile gibt es sogar speed cameras auf dem Gelände, die für die Einhaltung desselben sorgen. Jetzt bin ich wirklich gespannt, wann das wieder aufgehoben wird.

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Sonntag, 17. Januar 2010
Die Überfahrt
Gestern habe ich beim Blick aus meinem Fenster 3 Fasane gesehen. Ich hatte sofort in meinem Kopf eine Assoziation zu englischen Jägern und französischen Feinschmeckern.

Ich wollte noch über meine Anreise schreiben. Wie kommt jemand von Vorpommern nach Oxford? Ich habe mich für mein Auto entschieden. Gleichzeitig Transportmittel für viele nützliche Dinge und Garant für größte Flexibilität vor Ort. Das war eine gute Entscheidung. Ohne mein Auto hätte ich mich doch ziemlich eingeschränkt gefühlt. Zu meinem Science Center fahren sehr wenig Busse.

Ich fahre sehr gern Auto und habe auch kein Problem mit längeren Strecken. Laut Routenplaner sind es durch den Kanaltunnel 14 Stunden. Daher habe ich mich für eine Fähre entschieden, die über Nacht fährt. Es gibt eine Fähre von Esbjerg/Dänemark nach Harwich und eine von Hoek van Holland nach Harwich. 1996, als ich das erste Mal auf der Insel war, sind wir noch von Hamburg gefahren, was 23 Stunden dauerte.

Zunächst hatte ich mich für Esbjerg entschieden. Dorthin waren es nur 6 Stunden, nach Hoek van Holland 8. Wir haben uns dann aber nochmal umentschieden, vor allem wegen des Winterwetters. Hoek van Holland ist immerhin die richtige Richtung. Ich habe dann eine Kabine für 48 EUR gebucht und das Auto für etwas über 120 EUR. Das müssen absolute Winterpreise gewesen sein.

Wir (meine bessere Hälfte und ich) sind also immer auf der Autobahn bis in die Niederlande gefahren und ohne größere Verfahr-Aktionen auch gut angekommen.
Beim Einschiffen bekamen wir, weil grad Weihnachten vorbei war, noch je eine Praline geschenkt. Wenn man so viele Stunden im Auto gesessen hat, ist so eine kleine Geste wirklich total nett. Und verglichen mit den Fährenpreisen ja auch gut drin.

Die Kabine war dann eine sehr angenehme Überraschung. Sie war wirklich sehr geräumig. 2 Liegen übereinander, dazu noch eine Sitzecke, Garderobe und "en suite" Badezimmer mit WC und Dusche. Und alles war ganz neu bzw. neu möbliert. Das war also ein Schnäppchen. Ich habe wunderbar geschlafen. Leider mussten wir die Fähre schon 6:30 verlassen. Achtung! 1 Stunde Zeitverschiebung.

Beim Runterfahren von der Fähre dann: links- links- links-fahren. Und noch zweimal verfahren. Einmal bei den Autobahnkreuzen und dann nochmal am Ende der Reise bei der Suche nach dem Haus meiner Kollegen.

Daher war dann am nächsten Tag der Kauf eines Navigationssystems fällig. Es sollte Karten von ganz Europa haben und auch deutsch sprechen können. So ist es ein Gerät mit dem Namen "Nüvi" geworden. Ich konnte es nicht fassen, dass der Hersteller für ein international einsetzbares Gerät Umlaute im Namen verwendet.

Nüvi hat dann seine Bewährungsproben gehabt: Den Weg zur Arbeit, den Weg zum Supermarkt, den Weg zum Flughafen Stansted. Auch Nüvi weiss nicht alles. Grad in Kreisverkehren ("Die dritte Straße links") kann er sich schonmal irren, wenn es noch einen weiteren Abzweig gibt. Nüvi zeigt standardmäßig alle Geschwindigkeitskontrollen an durch ein akustisches Signal. Erst war ich zu schnell durch die Aufregung. Dann bin ich aber ganz brav unter Höchstgeschwindigkeit gefahren und das Signal kam trotzdem. Also habe ich die Warnungen komplett abgeschaltet. Mittlerweile ist auch Nüvi meist abgeschaltet.

Ich bin ja ein heimlicher Fan von Linksverkehr, weil ich es viel einfacher finde. Rechts vor links geht einfach besser. Selbst mit meinem Auto, wo das Steuer auf der falschen Seite ist, komme ich gut damit zurecht. Allerdings das amerikanische System ist noch einfacher. Wer zuerst bremst, darf zuerst losfahren.

Kritisch wird es beim Linksfahren immer, wenn die Straßen leer sind. Abbiegen, Spurwechsel, enge Straße. Da gewinnt schnell die Gewohnheit. In meiner Rolle als Fußgänger habe ich noch so meine Schwierigkeiten, aus welcher Richtung Autos zu erwarten sind.

Die Engländer sind ein sehr höfliches Volk. Meist entschuldigen Sie sich schon, bevor sie einen anrempeln könnten oder gar, wenn sie im Weg stehen. Beim Autofahren scheinen sie diese Höflichkeit gelegentlich abzulegen. Da habe ich schon das Gefühl, als auf-der-falschen-Seite-am-Steuer-Sitzende unter die Kategorie Verkehrshindernis zu fallen. Hand aufs Herz. Wenn ich in Deutschland ein Auto mit dem Steuer rechts sehen würde, würde ich sehr vorsichtig fahren.

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Das Zimmer verschönern und die Gegend in Besitz nehmen
Der Regen hat uns wieder. Der Schnee ist weg. Alles ist matschig. Und: es hat heute Nacht in meinen schönen Erker auf meinen schönen Schreibtisch geregnet!

Im Halbschlaf hörte ich es tropfen. Heute morgen dann sah ich die ganze Bescherung. Mit original englischem Möbelwachs habe ich es wieder gut gemacht. Ich behaupte, der Tisch sieht besser aus als vor dem Wasserschaden.

Jetzt muss ich die Telefonnummer des Hausmeisters herausbekommen und muss alles auf englisch formulieren können, also Erker und Durchregnen usw.

Heute sind es 7 Grad und Regen und Nebel. Englisches Wetter. Ich habe mich mit einigen Pullovern eingedeckt. Die Fenster sind einfach verglast und die Heizung beschliesst zwischendurch immer mal wieder, dass sie sich genug angestrengt hat.

Pro Waschbecken gibt es übrigens 2 Wasserhähne. Auf einem steht "hot". aber heiss wird es erst, wenn man sehr viel Wasser ablaufen lässt.

Gestern habe ich einen gigantischen Supermarkt besucht, um einige mehr oder weniger nützliche Dinge für mein Zimmer einzukaufen. Jetzt sieht das Zimmer schon viel anders aus. Grünpflanzen. Und fast alles ist aufgeräumt.

Ich habe die Ursache für die Gerüche aus der Küche und die Geräusche aus dem Wohnzimmer gefunden: ein 1 cm großer Spalt unter der zugestellten Tür.
Den habe ich nun mit Pappe und Seidenpapier provisorisch zugestopft. Mal sehen, ob das etwas hilft.
Ansonsten wäre das auch etwas für den Hausmeister, den ich ja eh anrufen will.

Apropos anrufen: Ich habe hier kein Telefon. Nur mein deutsches Handy und Wi-Fi. Es stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, sich ein englisches Mobile zuzulegen.

Dann habe ich noch versucht herauszufinden, wieviel ein Brief nach Hause kostet. Das geht nach Gewicht, teilweise in 10g-Schritten. Also wohl doch jedesmal zum Post Office gehen.

Ausserdem wollte ich den Fußweg zur Arbeit finden. Habe ich auch. Und bin sowas von nass geworden und mehrfach in Brombeergestrüpp hängengeblieben, weil ich nicht in die Pfützen gehen wollte. Wenn es richtig trocken ist, ist das ein toller Weg und dauert unter 30 Mintuen. Wenn nicht, vergiss es oder zieh richtige Outdoor-Klamotten an. Der Weg entlang der Straße dauert knapp unter einer Stunde, aber ist viel zu laut, weil es viel zu viel Verkehr ist.

Bei der Gelegenheit war ich dann gleich auch an der Culham Bahnstation. Der Fahrplan ist auch ziemlich interessant. Das ist die Strecke Oxford-London und es fahren jede Stunde Züge. Allerdings halten nur morgens und abends welche dort an und noch einer mittags. Jeder Bahnsteig in Vorpommern ist öfter erreichbar, wer hätte das gedacht?

Heute habe ich zum erstem Mal Parken und Reisen ausprobiert. Oxford hat 4 Park&Ride Parkplätze. Die sind kostenfrei. Der Bus in die Stadt kostet allerdings Geld. Das ist sehr empfehlenswert. In der Stadt gibt es so gut wie keine Parkplätze. Ich habe so wertvolle Einkäufe gemacht wie Nikwax für meine durchweichten Schuhe. Ob das hilft?

Die Stadt war voller Menschen. Je nachdem, in welchem Teil ich mich bewege, sind die Leute einkaufslustig und fröhlich oder sie schauen sich die Sehenswürdigkeiten an, da geht es viel beschaulicher zu und die Leute sind auch eher älter und weniger.

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