Ahnüh
Mein Chef meint, ich solle die Erlebnisse in meinem Projekt in einem Tagebuch erfassen.

Arbeit Nehmer Überlassung heißt bei uns Ahnüh.
Um sie zu bekommen, schreibe ich eine Bedarfsanforderung.
Im Feld Mengeneinheit gibt es doch tatsächlich eine Kategorie "ANÜ". Die scheint mir besser zu passen als "Stück" oder "kg".
Unterschreiben muss dann noch mein Chef, weil ich nicht so große Summen allein zeichnen darf.

Der Prozess ist in Gang gesetzt. Jetzt muss ich einen Text verfassen, der für eine Stellenausschreibung geeignet ist. Diese wird zunächst intern ausgeschrieben, so verlangt es unser Betriebsrat. Denn es könnte ja sein, es gibt interne Interessierte, die sich um diesen Job reißen. Da für eine interne ausschreibung auch eine Eingruppierung angegeben werden muss, die mit den Eingruppierungsrichtlinien des öffentlichen Dienstes kompatibel ist, muss ich auch einen Abschluss definieren. Der Abschluss (FH/Bachelor oder Uni/Master) definiert die maximale Vergütungsgruppe. Glücklicherweise/leider bewirbt sich niemand intern. Unser Einkauf macht also eine Ausschreibung. Die Firmen kriegen 6 Wochen Zeit, uns geeignete Personen vorzuschlagen.

In den nächsten Wochen bin ich wichtig. Verleihfirmen fragen, ob sie mich mal besuchen können oder mir gleich am Telefon ein paar Fragen stellen.
Endlich kommen die Angebote und ich bin wirklich positiv überrascht. Da sind richtig gute Bewerbungen drin von guten Leuten. Ich kann mir also die besten aussuchen und mit denen Gespräche führen. Für 3 Personen mache ich 8 Gespräche und schnell steht die Auswahl fest. Jetzt noch schnell das Budget gecheckt, denn ich habe eine feste Summe zu vergeben. Leider ist ein Ahnüh zu teuer. Es gelingt mir allerdings, den Chef zu überreden, ihn trotzdem einzustellen. Was heißt einstellen?
Ich schreibe unserem Einkäufer, welche Personen in Frage kommen. Er kümmert sich um alles Weitere und wenige Tage später sind sie schon da.

Die nette Kollegin aus der Anlagenbuchhaltung will von mir wissen, ob es sich dabei um Software-Entwickler handelt, schliesslich bezahlen wir die Leute ja aus den Investitionsmitteln.

Soweit so gut. Die Leute sind anstellig, motiviert und arbeiten sich schnell ein. Wir machen ja auch Scrum, da treffen wir uns jeden Tag kurz, um keine Probleme auf die lange Bank zu schieben.

Nach 4 Wochen verkündet mir der 1. Ahnüh, dass er leider bei seinem Verleiher gekündigt hat. Sein Verleiher kann leider nicht "Ersatz liefern". Der Ahnüh hatte noch Bewerbungen offen und da hat sich was mit besserer Perspektive nahe seiner pflegebedürftigen Eltern ergeben. Er gibt mir noch den Tipp, ich solle mich mal mit dem 2. Ahnüh unterhalten. Der druckst etwas herum und erzählt mir von seiner schwierigen Familienkonstellation, die er demnächst ändern möchte.

Es gelingt mir dann doch, einen Ersatzkandidat für Ahnüh 1 "Ersatz liefern" zu lassen. Der ist aber von einem anderen Verleiher, was anscheinend ein Problem darstellt. Jedenfalls stellt sich irgendetwas/irgendwer im Hause quer und ich höre von allen Seiten, ich solle mich da raushalten und alle hätten sich für meine Ahnühs ins Zeugs gelegt.

Soweit so gut. Der Neue, Ahnüh 4, ist anstellig, motiviert und arbeitet sich schnell ein. Uff! Wir machen ja auch Scrum, da treffen wir uns jeden Tag kurz, um keine Probleme auf die lange Bank zu schieben.

Monate später bietet der Verleiher des 2. Ahnüh aus heiterem Himmel eine Ersatzperson für den 2. Ahnüh an und es stellt sich heraus, dass dieser schon vor Monaten bei seinem Verleiher gekündigt hatte. Die "Ersatzlieferung" klappt leider nicht, weil auch diese Person unser Budget sprengt, aber nicht entsprechende Leistung bietet. Außerdem bin ich sauer auf den Verleiher.
Immerhin bin ich jetzt wieder im Projekt-Budget. Ein Problem weniger.

Mein Einkäufer fragt, ob ich noch einen "Ersatz" als Nachrücker habe. Habe ich, aber dessen Verleiher ist mittlerweile pleite. Das wird also nichts. Wir schreiben neu aus.
Ich brauche keine neue BANF, aber eine neue Stellenausschreibung, die ich bei der Gelegenheit gleich mal präzisiere.

In der Zwischenzeit wird ein syrisches Dorf in Kampfhandlungen verwickelt. Erwähnte ich schon, dass der 3. Ahnüh Eltern in diesem syrischen Dorf hat? Wer hätte geglaubt, dass die Kampfhandlungen in Syrien mein Projekt beeinflussen?
Wer hätte geglaubt, dass innerhalb von weniger als 4 Monaten alle drei Ahnühs wieder weg sind?

Ahnüh 4 ist fleißig und müht sich nach Kräften, den Job von 3en zu machen. Uff! Natürlich ist das zu viel für ihn. Mein Projekt ist kurz davor, auf dem kritischen Pfad zu landen.

Ahnüh 2 ist in der Ausschreibung, für Ahnüh 3 wird noch Ersatz gesucht. Ich bin wieder wichtig. Lerne weitere Verleiher kennen und beantworte weitere Fragen.
Nach meinem Urlaub habe ich zeitgleich die Vorschläge für beide Positionen auf dem Tisch.
Für 2 Positionen mache ich 6 Gespräche und schnell steht die Auswahl fest.

Ich schreibe unserem Einkäufer, welche Personen in Frage kommen. Er kümmert sich um alles Weitere und wenige Tage später sollen sie schon da sein.

Die nette Kollegin aus der Anlagenbuchhaltung will von mir wissen, ob es sich dabei um Software-Entwickler handelt, schliesslich bezahlen wir die Leute ja aus den Investitionsmitteln.

Gestern wurde also Ahnüh 5 erwartet. Der leider nicht kam, weil sein Auto nicht mehr fuhr. Heute kam er dann doch. Uff! Er hatte sich ein neues Auto gekauft.

Nächste Woche kommt Ahnüh 6. Was kommt dann?

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