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Die Techniken meines Hochstaplers Teil 6
witchit | 03. Juni 14 | Topic 'Hochstapler'
Die Techniken meines Hochstaplers
Teil 6: Sich Arbeit verschaffen
Wenn man Prinz Charming an seinem Arbeitsplatz trifft, hat er Kopfhörer auf. Das ist doch eine super clevere Tarnung! Wenn ihn jemand anspricht, muss er erst die Kopfhörer abnehmen, nochmal nachfragen und hat dann jede Menge Zeit, sich die passende Lügengeschichte auszudenken.
Irgendwann würde ja jedem auffallen, selbst mir, dass der Hochstapler nichts tut. Es ist also die hohe Kunst, diesen Zeitpunkt rechtzeitig vorher zu sehen und dann geeignete glaubhafte Angebote zu machen, um die Enttarnung noch viele Wochen und Monate hinauszuzögern.
Prinz Charming unternimmt mindestens 2 solche Versuche.
Versuch 1: Das Observer Pattern
Pattern (Entwurfsmuster) sind in der Software-Entwicklung beliebt. Man kann damit Konzepte verständlich ausdrücken. Ein solches Entwurfs-Muster ist das Observer-Pattern. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der exzellente Beobachter Prinz Charming ausgerechnet das Beobachter-Muster vorschlägt. Vielleicht kann er es sich auch deshalb so gut merken.
Er schlägt also vor, statt unsere Daten zu migrieren, wie ihm aufgetragen ist, noch schnell eine Software zu schreiben, die mit dem Observer-Pattern den Migrationsprozess beobachtet und steuert. Wir haben schon viel Zeit in die Migrations-Software investiert und haben riesige Datenmengen zu migrieren, bei denen uns noch einige Überraschungen erwarten werden.
Also sage ich: Dazu haben wir keine Zeit.
Prinz Charming fährt schnell fort: So ein Observer-Pattern schreibt man in einem Tag aus dem Lehrbuch ab.
Ich sage: Die Idee ist im Prinzip gut, wir nehmen sie mal für später auf, aber erst will wenigstens ich die Daten des letzten Jahres migriert sehen. Wenn das fertig ist und Zeit ist, können wir das Observer Pattern einbauen.
Der Niederländer meint hinterher zu mir: Der kriegt doch das Observer Pattern nicht eingebaut. Mit dieser Einschätzung stimmen wir schonmal überein.
Ich stelle mir nachträglich vor, wir hätten uns darauf eingelassen. Prinz Charming hätte eine Implementierung aus einem Buch abgetippt oder eine aus dem Internet heruntergeladen. Das Ganze ein bisschen schick formatiert und mit eigener Autorschaft garniert - formatieren kann er übrigens. Immerhin hätten wir den Eindruck gewonnen, dass er programmieren kann. Dann hätte das leider leider leider viel länger gedauert als geplant, weil leider leider leider immer wieder diverse kleine Widrigkeiten dazwischen gekommen wären. Und mehrere Monate später hätte sich jemand erbarmt und ihm geholfen, dass schicke Stück Code in unsere Umgebung einzupassen, worin ja die eigentliche Arbeit steckt.
Vielleicht hat er das auch schon einmal erfolgreich durchgezogen, wer weiss? Beim letzten Kunden vor uns war er zwei Jahre.
Versuch 2: Die Pipe.
Prinz Charming arbeitet sich mal wieder an einem Ticket zur Migration ab, das er schon 2 Monate bearbeitet hatte und wir ihm zwischendurch weggenommen hatten.
Es ist sein letzter Monat, alle wissen, dass er gehen wird und wir erwarten nicht wirklich mehr Resultate. Da kommt Prinz Charming zu mir.
Er hätte sich den Code angesehen. Anscheinend weiss er nicht mal mehr, dass er schon 2 Monate an genau diesem Code gearbeitet hat. Wir hätten da 2 Code-Teile, den Migrator und den Comparator. Die wären getrennt. Er würde vorschlagen, die mit einer Pipe zu verbinden und so direkt hintereinander laufen zu lassen. Er fragt mich, ob ich das Konzept der Pipe kennen würde. Ein bisschen finde ich das eine Frechheit, denn wer sich mit Unix auskennt, kennt die Pipe.
Prinz Charming sollte wissen, dass ich mich mit Unix auskenne und er sollte sich damit auch auskennen.
Ideologische Debatten über den besten Unix-Editor kann er jedenfalls führen, da war ich schon dabei.
(Rückblickend wird mir klar, dass er nicht in der Lage ist, das, wovon er redet, fachlich einzuschätzen. Er geht also mit so einem Vorschlag in der Regel ein hohes Risiko ein, enttarnt zu werden.)
Ich frage ihn, ob er mein Migrations-Konzept gelesen habe. Er bejaht. Mich wundert schon garnichts mehr.
In meinem Konzept steht explizit, dass und warum wir den Code getrennt haben. Wir wollen dadurch systematische Fehler vermeiden. Er sagt: diese Diskussion wäre ihm nicht bekannt gewesen. Sollte sie aber, wenn er mein Konzept gelesen hat.
Diesmal macht er kein gewinnendes Lächeln, sondern zeigt ansatzweise so eine Art leichte Zerknirschtheit.
Die ist aber längst nicht so gut wie die Lächelmaske.
Ich denke mir: Wo hat er bloss das mit der Pipe nun wieder aufgeschnappt? Später rede ich mit dem Berliner, der sagt: Aber das ist doch meine Idee.
Zu diesem Zeitpunkt ist mir nicht klar, warum sich Prinz Charming jetzt noch soviel Mühe gibt. Will er unbedingt noch den Anschein eines guten Eindrucks hinterlassen?
Plötzlich / endlich ist er am Projekt interessiert, oder er versucht zumindest diesen Eindruck zu erwecken. Er kann jetzt aber nicht ernsthaft glauben, ich überlege mir das nochmal anders mit seiner Kündigung.
Auch so eine der offenen Fragen. Vielleicht lautet die Antwort einfach: Weil er mit mir spielen will?
Teil 6: Sich Arbeit verschaffen
Wenn man Prinz Charming an seinem Arbeitsplatz trifft, hat er Kopfhörer auf. Das ist doch eine super clevere Tarnung! Wenn ihn jemand anspricht, muss er erst die Kopfhörer abnehmen, nochmal nachfragen und hat dann jede Menge Zeit, sich die passende Lügengeschichte auszudenken.
Irgendwann würde ja jedem auffallen, selbst mir, dass der Hochstapler nichts tut. Es ist also die hohe Kunst, diesen Zeitpunkt rechtzeitig vorher zu sehen und dann geeignete glaubhafte Angebote zu machen, um die Enttarnung noch viele Wochen und Monate hinauszuzögern.
Prinz Charming unternimmt mindestens 2 solche Versuche.
Versuch 1: Das Observer Pattern
Pattern (Entwurfsmuster) sind in der Software-Entwicklung beliebt. Man kann damit Konzepte verständlich ausdrücken. Ein solches Entwurfs-Muster ist das Observer-Pattern. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der exzellente Beobachter Prinz Charming ausgerechnet das Beobachter-Muster vorschlägt. Vielleicht kann er es sich auch deshalb so gut merken.
Er schlägt also vor, statt unsere Daten zu migrieren, wie ihm aufgetragen ist, noch schnell eine Software zu schreiben, die mit dem Observer-Pattern den Migrationsprozess beobachtet und steuert. Wir haben schon viel Zeit in die Migrations-Software investiert und haben riesige Datenmengen zu migrieren, bei denen uns noch einige Überraschungen erwarten werden.
Also sage ich: Dazu haben wir keine Zeit.
Prinz Charming fährt schnell fort: So ein Observer-Pattern schreibt man in einem Tag aus dem Lehrbuch ab.
Ich sage: Die Idee ist im Prinzip gut, wir nehmen sie mal für später auf, aber erst will wenigstens ich die Daten des letzten Jahres migriert sehen. Wenn das fertig ist und Zeit ist, können wir das Observer Pattern einbauen.
Der Niederländer meint hinterher zu mir: Der kriegt doch das Observer Pattern nicht eingebaut. Mit dieser Einschätzung stimmen wir schonmal überein.
Ich stelle mir nachträglich vor, wir hätten uns darauf eingelassen. Prinz Charming hätte eine Implementierung aus einem Buch abgetippt oder eine aus dem Internet heruntergeladen. Das Ganze ein bisschen schick formatiert und mit eigener Autorschaft garniert - formatieren kann er übrigens. Immerhin hätten wir den Eindruck gewonnen, dass er programmieren kann. Dann hätte das leider leider leider viel länger gedauert als geplant, weil leider leider leider immer wieder diverse kleine Widrigkeiten dazwischen gekommen wären. Und mehrere Monate später hätte sich jemand erbarmt und ihm geholfen, dass schicke Stück Code in unsere Umgebung einzupassen, worin ja die eigentliche Arbeit steckt.
Vielleicht hat er das auch schon einmal erfolgreich durchgezogen, wer weiss? Beim letzten Kunden vor uns war er zwei Jahre.
Versuch 2: Die Pipe.
Prinz Charming arbeitet sich mal wieder an einem Ticket zur Migration ab, das er schon 2 Monate bearbeitet hatte und wir ihm zwischendurch weggenommen hatten.
Es ist sein letzter Monat, alle wissen, dass er gehen wird und wir erwarten nicht wirklich mehr Resultate. Da kommt Prinz Charming zu mir.
Er hätte sich den Code angesehen. Anscheinend weiss er nicht mal mehr, dass er schon 2 Monate an genau diesem Code gearbeitet hat. Wir hätten da 2 Code-Teile, den Migrator und den Comparator. Die wären getrennt. Er würde vorschlagen, die mit einer Pipe zu verbinden und so direkt hintereinander laufen zu lassen. Er fragt mich, ob ich das Konzept der Pipe kennen würde. Ein bisschen finde ich das eine Frechheit, denn wer sich mit Unix auskennt, kennt die Pipe.
Prinz Charming sollte wissen, dass ich mich mit Unix auskenne und er sollte sich damit auch auskennen.
Ideologische Debatten über den besten Unix-Editor kann er jedenfalls führen, da war ich schon dabei.
(Rückblickend wird mir klar, dass er nicht in der Lage ist, das, wovon er redet, fachlich einzuschätzen. Er geht also mit so einem Vorschlag in der Regel ein hohes Risiko ein, enttarnt zu werden.)
Ich frage ihn, ob er mein Migrations-Konzept gelesen habe. Er bejaht. Mich wundert schon garnichts mehr.
In meinem Konzept steht explizit, dass und warum wir den Code getrennt haben. Wir wollen dadurch systematische Fehler vermeiden. Er sagt: diese Diskussion wäre ihm nicht bekannt gewesen. Sollte sie aber, wenn er mein Konzept gelesen hat.
Diesmal macht er kein gewinnendes Lächeln, sondern zeigt ansatzweise so eine Art leichte Zerknirschtheit.
Die ist aber längst nicht so gut wie die Lächelmaske.
Ich denke mir: Wo hat er bloss das mit der Pipe nun wieder aufgeschnappt? Später rede ich mit dem Berliner, der sagt: Aber das ist doch meine Idee.
Zu diesem Zeitpunkt ist mir nicht klar, warum sich Prinz Charming jetzt noch soviel Mühe gibt. Will er unbedingt noch den Anschein eines guten Eindrucks hinterlassen?
Plötzlich / endlich ist er am Projekt interessiert, oder er versucht zumindest diesen Eindruck zu erwecken. Er kann jetzt aber nicht ernsthaft glauben, ich überlege mir das nochmal anders mit seiner Kündigung.
Auch so eine der offenen Fragen. Vielleicht lautet die Antwort einfach: Weil er mit mir spielen will?
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Die Techniken meines Hochstaplers Teil 5
witchit | 02. Juni 14 | Topic 'Hochstapler'
Die Techniken meines Hochstaplers
Teil 5: Den Anschein erwecken
Heute kommen wir zu einer der Kerntechniken der Manipulation. Wie schafft es Prinz Charming, so lange in meinem Team zu überleben?
Er beginnt Sätze und ich beende sie in meinem Kopf.
Das funktioniert phantastisch. Er muss nichtmal wissen, was ich hören will, ich mache es von allein. Wenn er ganz clever ist (und das ist er), hört er mir anschliessend gut zu, denn ich rede über meine Assoziationen. So weiss er beim nächsten Mal dann auch, was ich gehört haben wollte.
Er wirft mir also seine Köder zu und ich zapple an seiner Angel. Als wir über unsere IT lästern, sagt er: "Als ich bei der Frankfurter Bank administriert habe, hatten wir das aber besser im Griff." Ich fühle mich bestätigt. Als wir mal wieder über unsere Software streiten, sagt er: "Also ich bei Daimler gearbeitet habe, haben wir das auch so gemacht." Ich fühle mich bestätigt. Die Leute bei Daimler machen einen guten Job, das weiss ich. "Als ich bei Fraunhofer war, war das genauso." Ich fühle mich bestätigt. Fraunhofer, das ist fast wie wir.
Prinz Charming ist aber auch ein großartiger Illusionist.
Ein Zauberkünstler, ein Magier. Er läßt uns sehen, was er uns sehen lassen will. Und wir sehen, was wir sehen wollen.
Dazu gehört seine Dilbert-Comic-Wand. Nie höre ich ihn auch nur einen von den Dilbert-Sprüchen zitieren. Wenn er doch so ein großer Fan ist, ist das schon verwunderlich.
Dazu gehört auch sein Besuch des Chaos Communication Congress. Er meinte ja, wir würden uns dort sicher treffen, man würde sich zwangsläufig über den Weg laufen. Da sind dann 5000 Leute und es ist nicht wirklich verwunderlich, dass ich ihn nicht treffe. Aber hinterher schwärmt er garnicht davon. Alle Vorträge, die mir in guter Erinnerung sind, scheint er verpasst zu haben. Bei dem Riesen-Angebot kann das natürlich durchaus sein, aber dann war er doch sicher in anderen tollen Vorträgen. Er hat kein Bedürfnis, darüber zu reden. Wenn wir das Thema anschneiden, steigt er nicht drauf ein. Alles nur Schüchternheit?
Heute denke ich: seine beobachtenden Feldstudien über IT-Profis hat er bestimmt dort wieder durchgeführt.
Dass Prinz Charming auf dem CCC war, kann ich an seinem Eintritts-Armband sehen, das er noch mindestens 4 Wochen trägt. 4 Wochen, in denen er nicht ein einziges Mal erwähnt, was er eigentlich dort gemacht hat ausser sich ein T-Shirt zu kaufen.
Denn das T-Shirt trägt er noch öfter. Das Alibi ist also perfekt.
Gleiches gilt für die CeBiT. Auf der Cebit war ich selbst noch nie, aber der Berliner war auch da und der hat Einiges zu erzählen, als ich neugierig nachfrage.
Prinz Charming hingegen versuchte nur im Vorfeld kostenlose Eintrittskarten weiterzuverschenken, aber jeder von uns hatte mindestens selbst drei davon im e-Mail-Postfach.
Dafür hat Prinz Charming sich Details meiner Familienverhältnisse gemerkt, was er bei passender Gelegenheit anwendet, wohl um mir zu schmeicheln.
Das ist ungewöhnlich, das machen selbst meine Lieblings-Kollegen nicht. Mein Bauchgefühl macht das mini-kurze Protestier-Stutz, eines der wenigen Male, in dem ich es direkt wahrnehme, aber leider nehme ich es in diesem Augenblick nicht ernst und später vergesse ich es wieder.
Neben diesen kleinen Tricksereien hat Prinz Charming aber noch das ganze Repertoir der Körpersprache aufzubieten. Er beobachtet unsere Körpersprachen sehr genau.
In den daily Standups, wenn wir alle in Kreis stehen, ist er nie zuerst dran. Meist steht er noch eine Weile hinter seinem Schreibtisch und kommt erst hervor, während der Berliner schon über seine Arbeit berichtet. Im Nachhinein wird mir klar, dass er sich täglich überlegt, welche Arm- und Körperhaltung er heute einnimmt. Auch ist seine Stimme häufig zunächst belegt, was ich immer als Zurückhaltung interpretierte.
Eine seiner Armhaltungen ist mir besonders in Erinnerung geblieben, weil ich so etwas bewusst noch nie bei jemandem gesehen habe:
An diesem Tag verschränkt er die Arme hinter (!) dem Rücken. Nach meinem Körpersprachebuch bedeutet das: Ich bin ganz offen. Dann macht es den Anschein, als muss er sich zum Reden erstmal einen Ruck geben. Die Stimme ist aber belegt und garnicht so charmant wie sonst. Diese Haltung tritt auch nicht wieder auf. Im Rückblick glaube ich auch bemerkt zu haben, dass er eine ganze Weile dazu brauchte, diese Haltung einzunehmen und irgendwie erst Verrenkungen machte.
Das mit sich-erstmal-einen-Ruck-geben stelle ich im Rückblick allerdings öfters fest.
Irgendwann müsste er doch die Zurückhaltung aufgeben, jetzt wo er schon so lange da ist.
Aber wie soll das gehen? Erst muss er an Körpersprache und Stimme denken, gleichzeitig muss er auch noch verbal die nicht vorhandene Leistung kaschieren, das ist schon Hochleistungssport. Er ist ja auch kein Tiefstapler.
Es sind also, rückwirkend betrachtet, bei Prinz Charming eigentlich immer etwas längere Pausen im Spiel, bevor er redet. Fast immer. Es sei denn, er schauspielert. Aber das ist eine andere Technik.
Teil 5: Den Anschein erwecken
Heute kommen wir zu einer der Kerntechniken der Manipulation. Wie schafft es Prinz Charming, so lange in meinem Team zu überleben?
Er beginnt Sätze und ich beende sie in meinem Kopf.
Das funktioniert phantastisch. Er muss nichtmal wissen, was ich hören will, ich mache es von allein. Wenn er ganz clever ist (und das ist er), hört er mir anschliessend gut zu, denn ich rede über meine Assoziationen. So weiss er beim nächsten Mal dann auch, was ich gehört haben wollte.
Er wirft mir also seine Köder zu und ich zapple an seiner Angel. Als wir über unsere IT lästern, sagt er: "Als ich bei der Frankfurter Bank administriert habe, hatten wir das aber besser im Griff." Ich fühle mich bestätigt. Als wir mal wieder über unsere Software streiten, sagt er: "Also ich bei Daimler gearbeitet habe, haben wir das auch so gemacht." Ich fühle mich bestätigt. Die Leute bei Daimler machen einen guten Job, das weiss ich. "Als ich bei Fraunhofer war, war das genauso." Ich fühle mich bestätigt. Fraunhofer, das ist fast wie wir.
Prinz Charming ist aber auch ein großartiger Illusionist.
Ein Zauberkünstler, ein Magier. Er läßt uns sehen, was er uns sehen lassen will. Und wir sehen, was wir sehen wollen.
Dazu gehört seine Dilbert-Comic-Wand. Nie höre ich ihn auch nur einen von den Dilbert-Sprüchen zitieren. Wenn er doch so ein großer Fan ist, ist das schon verwunderlich.
Dazu gehört auch sein Besuch des Chaos Communication Congress. Er meinte ja, wir würden uns dort sicher treffen, man würde sich zwangsläufig über den Weg laufen. Da sind dann 5000 Leute und es ist nicht wirklich verwunderlich, dass ich ihn nicht treffe. Aber hinterher schwärmt er garnicht davon. Alle Vorträge, die mir in guter Erinnerung sind, scheint er verpasst zu haben. Bei dem Riesen-Angebot kann das natürlich durchaus sein, aber dann war er doch sicher in anderen tollen Vorträgen. Er hat kein Bedürfnis, darüber zu reden. Wenn wir das Thema anschneiden, steigt er nicht drauf ein. Alles nur Schüchternheit?
Heute denke ich: seine beobachtenden Feldstudien über IT-Profis hat er bestimmt dort wieder durchgeführt.
Dass Prinz Charming auf dem CCC war, kann ich an seinem Eintritts-Armband sehen, das er noch mindestens 4 Wochen trägt. 4 Wochen, in denen er nicht ein einziges Mal erwähnt, was er eigentlich dort gemacht hat ausser sich ein T-Shirt zu kaufen.
Denn das T-Shirt trägt er noch öfter. Das Alibi ist also perfekt.
Gleiches gilt für die CeBiT. Auf der Cebit war ich selbst noch nie, aber der Berliner war auch da und der hat Einiges zu erzählen, als ich neugierig nachfrage.
Prinz Charming hingegen versuchte nur im Vorfeld kostenlose Eintrittskarten weiterzuverschenken, aber jeder von uns hatte mindestens selbst drei davon im e-Mail-Postfach.
Dafür hat Prinz Charming sich Details meiner Familienverhältnisse gemerkt, was er bei passender Gelegenheit anwendet, wohl um mir zu schmeicheln.
Das ist ungewöhnlich, das machen selbst meine Lieblings-Kollegen nicht. Mein Bauchgefühl macht das mini-kurze Protestier-Stutz, eines der wenigen Male, in dem ich es direkt wahrnehme, aber leider nehme ich es in diesem Augenblick nicht ernst und später vergesse ich es wieder.
Neben diesen kleinen Tricksereien hat Prinz Charming aber noch das ganze Repertoir der Körpersprache aufzubieten. Er beobachtet unsere Körpersprachen sehr genau.
In den daily Standups, wenn wir alle in Kreis stehen, ist er nie zuerst dran. Meist steht er noch eine Weile hinter seinem Schreibtisch und kommt erst hervor, während der Berliner schon über seine Arbeit berichtet. Im Nachhinein wird mir klar, dass er sich täglich überlegt, welche Arm- und Körperhaltung er heute einnimmt. Auch ist seine Stimme häufig zunächst belegt, was ich immer als Zurückhaltung interpretierte.
Eine seiner Armhaltungen ist mir besonders in Erinnerung geblieben, weil ich so etwas bewusst noch nie bei jemandem gesehen habe:
An diesem Tag verschränkt er die Arme hinter (!) dem Rücken. Nach meinem Körpersprachebuch bedeutet das: Ich bin ganz offen. Dann macht es den Anschein, als muss er sich zum Reden erstmal einen Ruck geben. Die Stimme ist aber belegt und garnicht so charmant wie sonst. Diese Haltung tritt auch nicht wieder auf. Im Rückblick glaube ich auch bemerkt zu haben, dass er eine ganze Weile dazu brauchte, diese Haltung einzunehmen und irgendwie erst Verrenkungen machte.
Das mit sich-erstmal-einen-Ruck-geben stelle ich im Rückblick allerdings öfters fest.
Irgendwann müsste er doch die Zurückhaltung aufgeben, jetzt wo er schon so lange da ist.
Aber wie soll das gehen? Erst muss er an Körpersprache und Stimme denken, gleichzeitig muss er auch noch verbal die nicht vorhandene Leistung kaschieren, das ist schon Hochleistungssport. Er ist ja auch kein Tiefstapler.
Es sind also, rückwirkend betrachtet, bei Prinz Charming eigentlich immer etwas längere Pausen im Spiel, bevor er redet. Fast immer. Es sei denn, er schauspielert. Aber das ist eine andere Technik.
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