Samstag, 31. Mai 2014
Die Techniken meines Hochstaplers Teil 3
Die Techniken meines Hochstaplers

Teil 3: Das Spiegeln

Jetzt kommen wir zu den richtig spannenden Techniken des Prinz Charming. Hier werden wir beginnen, die hohe Kunst des Hochstapelns zu würdigen.
Prinz Charming spiegelt mich. Er spiegelt mein Verhalten, meine Körpersprache, er vermittelt den Eindruck, mir ähnlich zu sein. Und das geht so:

Ich erzähle von meinem einjährigen Auslandsaufenthalt in Oxford. Tage später erzählt Prinz Charming von seinem einjährigen (!) Auslandaufenthalt in der Schweiz. Wir reden über Eigenheiten verschiedener Nationalitäten und da kann Prinz Charming mithalten.
Ich wundere mich noch, weil ich mich garnicht daran erinnere, davon in seinem Lebenslauf gelesen zu haben.
Den Lebenslauf hatte ich leider unserem Einkauf zurückgegeben. Beim nächsten Leiharbeitnehmer werde ich mir eine Kopie aufheben, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt ist.
Später, als ich schon Verdacht geschöpft hatte, schaue ich mir sein XING Profil an. Das ist ziemlich leer. Da kann man also gut alle möglichen Geschichten rein-erfinden.
Wenn ich einen einjährigen Schweiz-Arbeitsaufenthalt zu bieten hätte, mit Sicherheit stände der in meinem XING Profil, insbesondere wenn ich gerade wieder auf Jobsuche bin.
Aber bei Facebook finde ich eine Frau mit dem gleichen Nachnamen, die zu Prinz Charmings Freunden gehört und in der Schweiz wohnt. Leider bin ich ein schlechter Zuhörer, wo nochmal war Prinz Charming in der Schweiz arbeiten?

Am besagten letzten Montag beobachte ich nun auch Prinz Charmings Körpersprache. Zunächst hat er ja den "Auftrag", in unserer Retrospektive viel Gutes über mich zu sagen. Ziemlich überschwänglich bedankt er sich bei mir, dem Berliner und dem Niederländer für die tolle Zusammenarbeit. Und die Probleme des Projekts lägen nicht an mir. Denn wir sind leider sehr hinter unserem Zeitplan hinterher. Weitere Worthülsen folgen. Ich finde, er ist nicht wirklich überzeugend, aber es geht ja auch nicht um ihn, sondern um mich.
Danach stelle ich fest, dass er mich beobachtet. Ich bin in der Sitzung ziemlich entspannt, weil es nicht mehr schlimmer kommen kann, der Chef und die Kollegen wissen bescheid, also was soll's. Prinz Charming beobachtet also meine Körperhaltung. Zunächst glaube ich, er beobachtet, um zu lernen für später. Plötzlich bemerke ich, dass er meine Körperhaltung zu imitieren beginnt.
Ich hatte meine Ellenbogen auf den Tisch gestützt, da bemerke ich, dass er mir das nachahmt. Ich zögere einen Moment, dann ändere ich meine Körperhaltung.
Prinz Charming verändert seine ebenfalls, und wieder imitiert er die meine. Das gefällt mir jetzt irgendwie nicht, ich ändere umgehend erneut meine Körperhaltung und schaue nicht mehr zu ihm, nachdem ich ihn noch mit einem ärgerlichen Blick bedacht hatte.

Später lese ich in einem Buch über Körpersprache, dass die Imitation der Haltung des Gegenüber bedeute, dass er es wirklich mag. Das ist einer der Gründe, warum es mir so schwerfällt, mich mental von Prinz Charming zu trennen und meiner eigenen Wahrnehmung eben nicht zu glauben. Ein Teil von mir wünscht sich immer noch, wenigstens ein kleiner Teil an der zur Schau gestellten Sympathie wäre wahr. Ich würde aber fast meine Hand dafür ins Feuer legen, dass es sich auch hier wieder nur um eine strategische Technik des Hochstaplers handelte, mein Wohlwollen zu erhalten. Oder er tut es einfach, weil er es kan und will die Wirkung auf mich austesten. Dann wären wir ja schon zu zweit. Diese wenig erfreuliche alternative Interpretation, dass ich auch hier einer Täuschung unterliege, ist schwer zu ertragen.

Das Spiegeln dient also dazu, eine gefühlte Ähnlichkeit beim Gegenüber zu erzeugen. Gespiegelt wird die Körperhaltung, die Erlebnisse, alles was Gemeinsamkeit und damit Gemeinschaft schafft. Es fällt viel schwerer, ein Mitglied der eigenen Gemeinschaft auszuschliessen als einen Fremden. Von vielen Chefs ist bekannt, dass sie gern ihr 20 Jahre jüngeres Ebenbild einstellen. Ich lasse also nochmal unser Einstellungsgespräch vor meinem geistigen Auge Revue passieren. Ein Satz fällt mir ein. Prinz Charming sagte: "Ich wollte mal wieder an einem Forschungsinstitut arbeiten". Klar, er ist einer von uns!
Welche weiteren Techniken er anwendet, um seine Zugehörigkeit zu zeigen, beschreibe ich im nächsten Teil.

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Samstag, 31. Mai 2014
Die Techniken meines Hochstaplers Teil 2
Die Techniken meines Hochstaplers

Teil 2: Die Mitleidstour

Was macht ein Hochstapler, wenn jemand ihm auf die Schliche zu kommen droht?
Er braucht eine plausible Begründung, warum gerade ausnahmsweise diesmal die Dinge nicht so gelaufen sind, wie sie doch eigentlich laufen sollten. Unter allen Umständen braucht er also eine Erklärung, die seine Täuschung nicht auffliegen läßt.

Bei meinem Prinz Charming funktionierte das so:
Er war ja leider zunächst öfters krank. Passenderweise war er in der Tat einige Male für einige Tage krank geschrieben. Natürlich ist er so schnell wie möglich wieder zur Arbeit erschienen, auch wenn er noch garnicht richtig fit war. Aber als Leih-Arbeitnehmer kann er es sich nicht leisten, lange krank zu sein. Sonst würden wir ihn doch rauswerfen, oder?
Er fragt also nach einem guten Krankenhaus, weil er noch eine Wunde zu versorgen hätte. Was das genau ist, weiss ich nicht. Er legt haufenweise Medikamente auf seinem Schreibtisch aus. Antibiotika und Schmerzmittel. Er läßt sich nicht überreden, erstmal richtig auf die Beine zu kommen, weil er zuviel Angst vor seiner Verleihfirma hat.

Wochen später hat er die nächste Krankheit. Er kann am Montag nicht kommen wegen einer das Sitzen beeinträchtigenden Unpässlichkeit. Am Dienstag taucht er aber wieder auf, anscheinend war die Unpässlichkeit doch nur vorübergehend.
Monate später stelle ich endlich Regelmäßigkeiten mit Montags-Problemen fest. Wenn er montags da ist, ist er meist wenig fit. Immer hat er eine Erklärung: Die lange Fahrt, psychischen Stress, ein ich-würde-es-nicht-burnout-nennen psychisches Problem. Durch das jahrelange Fernpendeln habe er viele Freunde verloren, weil er es nicht schaffe, die Freundschaften zu pflegen.
Er gibt sogar einmal zu, dass er die Arbeiten lieber noch vor dem Wochenende fertig macht, weil es Montag immer so schwer wäre, wieder reinzukommen. Nur fertig wird ja nie etwas, es sei denn, der Niederländer diktiert ihm, was er tun soll. Und diese Schmerzen, die hätten ihn echt fertig gemacht.

Die Mitleidstour funktioniert auch bei anderen Kollegen.
Ein Betriebsratsmitglied setzt sich für Prinz Charming ein, als die Verleih-Firma ihm eine Abmahnung schickt.
Heute frage ich mich, warum bei mir damals nicht die Alarmglocken läuteten. Aber so ein "Leiher" ist eben doch eine arme Sau und die Verleih-Firmen sind schon ziemlich schlimm. Unser Betriebsrat findet ja sowieso, dass die Leiharbeitnehmer viel zu schlecht behandelt werden. Prinz Charming schafft es, dass sich das Betriebsratsmitglied der Verleihfirma gegenüber nicht einmal als Betriebsrat zu erkennen gibt. Ich muss den Kollegen bei Gelegenheit nochmal interviewen, was genau da abgelaufen ist. Aber ich habe so eine Idee, dass er dem Spruch aus der Kategorie "es könnte auch nach hinten losgehen" auf den Leim gegangen ist. Die Sprüche von Prinz Charming sind sowieso ein eigenes Thema.
Der Berliner (mein neuer Nick für AHNÜH4) hat auch jede Menge Mitleid, zumal als es dann dem Ende zugeht. Prinz Charming hat offensichtlich ziemlich viel Zeug in seiner Zweitwohnung angesammelt. Ist doch kaum zumutbar, dass Prinz Charming innerhalb von 4 Wochen dieses ganze Zeugs wieder an seinen ersten Wohnort transportiert.

Weitere Montags-Phänomene und ihre Erklärungen:
Das Auto ist kaputt. Prinz Charming kommt nicht mit dem Zug, sondern erst am Dienstag mit dem frisch gekauften Ersatzauto. Das gekaufte Ersatzauto ist auch kaputt. Prinz Charming kommt erst am Dienstag mit dem selbst reparierten Ersatzauto. Das Auto ist immer noch kaputt, weil Prinz Charming ja nie Zeit dazu hat, es zu reparieren. In eine Werkstatt gibt er seine Autos übrigens grundsätzlich nicht. Heute frage ich mich, ob da wohl irgendein Wort wahr dran ist. Der Berliner meint irgendwann: Tja er kann halt Montag früh noch nicht Auto fahren, wenn er sich am Wochenende "die Kante" gegeben hat.

Den Vogel schiesst Prinz Charming ab, als er an seinen letzten 3 Tagen noch Montag zur Sitzung kommen soll.
Da ruft er mich aus dem Urlaub an, er hätte einen Termin für ein Vorstellungsgespräch. Und das, obwohl wir die Termine, zu denen er da sein soll, vorher abgesprochen hatten. Übrigens lächelt er sogar am Telefon gewinnend. Ich staune mal wieder über die umwerfende Wirkung auf mich, aber das weiss ich ja nun schon. Ich sage also: Das geht nicht. Denn ich will, dass er an diesem Montag bei meinem Chef ein gutes Wort für mich einlegt. Ich will nämlich beobachten, wie er das macht.
Er ruft mich wieder an und hat angeblich das Gespräch gecancelt und seinem Gesprächspartner per e-Mail mitgeteilt, dass er noch in einem Projekt sei, und daher nicht kommen könnte. Mich wundert das ein wenig, denn wenn es um meine berufliche Zukunft ginge, hätte ich bei den Terminabsprachen besser aufgepasst und sie mir mal notiert und so schnell hätte ich mich auch nicht abwimmeln lassen. Und meinen potentiellen Arbeitgeber mit dem Hinweis auf "Das Projekt erfordert meine Anwesenheit" bestimmt nicht abgespeist. Später erkläre ich mir das so, dass es vielleicht gar keinen Termin gegeben hat.

Am betreffenden Montag hat Prinz Charming wieder sein Rote-Augen-Syndrom. Der Berliner meint, es hätte ihm garnicht gepasst, dass er zu dem Termin noch kommen sollte. Aber anscheinend hat er sich auch nicht getraut, fernzubleiben. Feige ist er also auch noch.

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