Die Techniken meines Hochstaplers Teil 4
Die Techniken meines Hochstaplers

Teil 4: Authentisches Lügen

Klar, ein echter Hochstapler muss auch irgendwann einmal lügen, dass die Balken brechen. Wie macht Prinz Charming das?

Einer meiner Ahnühs war von seiner Firma aus vorher immer als Consultant unterwegs. Die Firma hatte eben mal beschlossen, dass sie auch ins Leiharbeitnehmergeschäft einsteigt und hat ihn dann als Leiharbeitnehmer verkauft. Weil sich Leiharbeitnehmer so negativ anhört, nennen wir die Ahnühs fortan gern und gelegentlich unsere Consultants.
Prinz Charming erfährt davon.
Bei unserem gemeinsamen Stammtisch frage ich die Neuen, warum sie Leiharbeitnehmer sind. Da gibt es spannende Antworten, wenn man 6 verschiedene Leute fragt. Okay, ich erwarte nicht wirklich, dass jemand sagt:
"Ich hab halt nichts Besseres gefunden."
Prinz Charming erzählt mir, er wolle gern Consultant sein und seine Firma hätte ihm das immer wieder versprochen, dass das beim nächsten Projekt klappt, da wäre aber dann nie was draus geworden.
Für einen kurzen Moment wundere ich mich, dass er ausgerechnet das Wort Consultant benutzt. Er könnte ja auch Berater sagen. Aber dann vergesse ich das kleine Stutzen wieder.
Das kleine kurze Stutzen übergehe ich leider noch öfter, weil mir nicht klar ist, dass das die schwachen Signale meines Bauchgefühls sind.
Normalerweise habe ich ein riesiges stabiles langdauerndes Bauchgefühl, wenn etwas nicht stimmt, dass nicht zu übergehen ist. Bei Prinz Charming meldet sich das Bauchgefühl nur ganz winzig kurz, wie ein winziger Nadelstich, kaum wahrnehmbar. Und mein Verstand realisiert nicht, was es ist. Also gehe ich nach kurzem Stutzen darüber hinweg.

Nochmal erwähnt Prinz Charming, dass er lieber Consultant als Leiharbeitnehmer wäre, dann würde er auch viel bessere Leistung bringen.
Zu diesem Zeitpunkt bin ich noch nicht soweit, dass ich ihn durchschaue. Ich finde das nur ziemlich unseriös von ihm.
Glaubt er da selbst dran?

Der Trick beim authentischen Lügen besteht genau darin, dass der Lügner selbst an seine Lüge glaubt.
Nur so ist er in der Lage, diese so glaubhaft rüberzubringen. Der Psychologie-Fachbegriff dazu lautet Kongruenz.
Prinz Charming ist derart im Lügen geübt, dass er mittlerweile selbst an seine Lügen glaubt.
Wir reden darüber, dass wir ihn in den Monaten nicht geschafft haben einzuarbeiten und er sagt doch prompt:
"Jetzt bin ich soweit." Gut dass der Niederländer sagt: "Eingearbeitet? Der Junge ist nicht eingearbeitet." Ich frage mich langsam, was der Mann eigentlich den ganzen Tag tut. Aber dazu später.

Die Lüge dient dazu, einen Anschein zu erwecken, etwas vorzutäuschen. Sätze sind:
"Ich mach das fertig, kein Problem." (+ gewinnendes Lächeln) Wird aber nie fertig.
"Es war nicht umsonst." Warum sagt er aber nicht. Aber es kommt unglaublich authentisch rüber.
"Ich bin jetzt eingearbeitet." Ohne Beweise. Aber er glaubt selbst dran.
"Die Arbeit mit dem Niederländer macht richtig Spass, da kann man richtig was lernen." (+ gewinnendes Lächeln)
Der Niederländer ist neuerdings Montags immer schlecht drauf, seitdem er sich um Prinz Charming kümmert.
Prinz Charming benutzt eclipse als Programmierwerkzeug, wohingegen der Niederländer ein emacs-Fan ist.
Neulich sitze ich vor meinem Eclipse und höre voller Staunen, wie mir der Niederländer einen Eclipse-Shortcut (Tastenkombination) vorflüstert.
Offensichtlich kennt sich der Niederländer nun auch schon besser mit Eclipse aus als Prinz Charming.
"Ich habe alle Skizzen abfotografiert, die kann ich Euch schicken. Mach ich gern. Leider habe ich heute den Speicherchip nicht dabei."
Unnötig zu erwähnen, dass auch das nie passierte.

Der Lügen-Bausatz:
Vage Antwort oder besser reine Andeutung, die das Gegenüber hören möchte + Weichspüler = gewinnendes Lächeln.
Mit ein bisschen Glück ersetzt das Gehirn des Empfängers den Rest. Fertig.

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