Die Techniken meines Hochstaplers Teil 1
Die Techniken meines Hochstaplers

Teil 1: Die Lächel-Maske

Manche Leute versuchen gelegentlich, ihre wahren Gefühle zu verbergen und setzen dann eine unbewegte Miene auf.
Mein Prinz Charming macht das viel cleverer: Er lächelt.
Ob er damit seine wahren Gefühle verbirgt oder gar keine hat, ich weiss es nicht.
Das Lächeln passt bei erstaunlich vielen Gelegenheiten.
Es macht ihn sympathisch, ein netter Junge eben. Man fühlt sich wohl in seiner Gegenwart.

Prinz Charming hat sein Lächeln perfektioniert. Viele, viele Stunden Übung.
Um etwas richtig gut zu können, benötigt ein Mensch 10.000 Stunden Übung. Das sind ca. 7 Arbeitsjahre, wenn 40 Stunden die Woche gearbeitet werden.
Prinz Charming lächelt schon 40 Jahre!

Sein Lächeln ist seine automatisierte Reaktion für fast alle Gelegenheiten. Er kann das rasend schnell und sein Lächeln ist sehr gewinnend. Jedenfalls bei mir funktioniert es. Dabei schaut er mir auch ganz freundlich in die Augen.
Einem der lächelt, tut man auch nicht weh. Man brüllt ihn auch nicht an. Man kann auch nicht so einfach sagen: Hör mal, Du netter Junge, das war aber nicht so doll mit Deiner Leistung.

Prinz Charming lächelt auch, wenn er nicht weiter weiss.
In unseren letzten gemeinsamen Tagen, als ich in den Beobachter-Modus gewechselt bin, stelle ich dann doch fest, dass er gelegentlich winzig kleine Verzögerungen hat, bevor er sein Lächeln aktiviert.
Beispiel: Wir besprechen im Team, ob wir ein Feature "unter der Hand" mal eben schnell implementieren, weil wir es dringend bräuchten und der Dienstweg dafür eigentlich zu zäh ist.
Der Niederländer meint: Wir machen es wie Grace Hopper. Ich stimme ihm zu. Prinz Charming - lächelt.
Er hat (für mich jetzt endlich offensichtlich!) keine Ahnung, wovon wir reden. Aber das würde er niemals zugeben.
Dabei hängt bei mir im Büro ein Poster der alten Dame mit meinen 2 Lieblings-Sprüchen von ihr:
"It is always easier to ask for forgiveness than it is to ask for permission"
(es ist immer leichter, um Verzeihung zu bitten, als um Erlaubnis zu fragen)
"If in doubt, do it!" (Im Zweifel: tue es!)

Manchmal passt die Lächel-Maske aber dann doch nicht. Was tun?
Ich habe drei Gelegenheiten erlebt, in denen Prinz Charming nicht gelächelt hat. Beachtlich, wenn man bedenkt, wie lange er bei uns war.
Gelegenheit 1: Ich habe ihn vor dem Team mit seiner Minderleistung konfrontiert. Sein Blick war so ... anders.
Gelegenheit 2: Ich habe ihm gesagt, dass er gehen muss. Sen Blick war so ... unbeteiligt.
Gelegenheit 3: Ich habe ihn gebeten, für mich ein gutes Wort bei meinem Chef einzulegen.
Das fiel mir irgendwie schwer, in Prinz Charmings Gegenwart rüberzubringen, denn ich wollte ihn eigentlich ein bisschen austricksen und habe da wohl wenig Talent.
Sein Blick war so ... interessiert- bis neutral und emotionslos.
Umgehend setzte er seine Lächel-Maske auf und sagte: Das mache ich. Das mache ich wirklich sehr gern.
Er hat es dann tatsächlich getan und ein bisschen kam es mir nachher vor, als wenn das endlich mal eine Aufgabe war, die er erfüllen konnte.

Die Nicht-Lächel-Variante war also extrem selten, der Blick war forschend-prüfend-interessiert bis neutral und in allen Fällen emotionslos.
Irgendwelche Emotionen jenseits des Lächeln habe ich an Prinz Charming nicht ausmachen können.
Naja, bis auf die Mitleidstour, aber das ist eine andere Technik.

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witchit, Montag, 9. Juni 2014, 23:29
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Direktlink zu Grace:
http://www.gi.de/fileadmin/redaktion/Download/Grace-Hopper-2012-gro%C3%9F.pdf